Samstag, 27. Februar 2010

Der Tilburger Pommes-Aufstand

Die belgischen Gefängnisse sind meist alt, allesamt hoffnungslos überfüllt, und nicht nur die Gefangenen leiden darunter, wie man an den ständigen Streiks des Personals ersehen kann.

Die Niederländer hingegen haben einen mustergültigen Strafvollzug, der offenbar so gut wirkt, daß ihre Gefängnisse mittlerweile zur Häfte leerstehen. Einige mußten bereits geschlossen werden.

Deshalb hat sich Belgien letztes Jahr mit der niederländischen Regierung darauf geeinigt, daß 400 flämische Gefangene nun ihre Strafe in einem niederländischen Gefängnis in Tilburg verbüßen. Das hört sich auf den ersten Eindruck vielleicht seltsam an, ist aber für die Betroffenen sicher angenehmer, als in einer zu 150 Prozent belegten Anstalt aus dem neunzehnten Jahrhundert eingesperrt zu sein, die eher an eine Gruselfilmkulisse erinnert.

Eigentlich sollten damit alle gewonnen haben - wenn es nicht doch den einen oder anderen kleinen Unterschied zwischen den Flamen und ihren nördlichen Nachbarn gäbe.

So sind die Niederländer als brave Protestanten überzeugt, daß, wer morgens zu lange in den Federn liegt, nur auf schlimme Gedanken kommt. Auch die übrigen weltlichen Genüsse sind dort seit Calvins Zeiten eher suspekt und allenfalls mit peinlichster Mäßigung erlaubt. Die Geschichte mit der Keksdose und der Weinflasche, die, wenn Besuch da ist, einmal kurz die Runde machen und dann gleich wieder im Schrank verschwinden, kommt nicht von ungefähr.

Ganz anders die katholischen Belgier mit ihrem ausgeprägten Hang zu gutem Leben, auch und gerade beim Essen und Trinken.

Wie wir nun aus den Medien erfahren, hagelt es von den belgischen Bösewichtern, die in Tilburg einsitzen, unterdessen Beschwerden über die Vollzugsbedingungen. Das fängt bereits dort an, wo sie wenig Freude daran haben, jeden Morgen um viertel vor sechs geweckt zu werden. Auch die ewigen Fertiggerichte sind sie mehr als leid.

Das Faß zu Überlaufen gebracht hat aber, daß es keine Pommes gibt. Da kann der Vollzug noch so mustergültig sein - ohne frieten ist für den flämischen Ganoven Schluß mit lustig. Sie drohen offen mit Meuterei.


Dafür hat sogar die belgische Obrigkeit ein Einsehen, denn man erinnert sich nur zu gut an den Aufstand 2007 im flämischen Dendermonde, nachdem wochenlang versäumt worden war, die Gefängnisfriteuse zu reparieren. Damals konnte die Ruhe nur mit massivem Polizeieinsatz wiederhergestellt werden.

Bei den belgischen Streitkräften weiß man seit jeher, daß man den Truppen einiges zumuten kann - nur keinen Pommesentzug. Das würde wohl nicht gleich zu Meutereien führen, weiß Armeesprecherin Ingrid Baeck zu beruhigen, der Kampfmoral sei es dennoch höchst abträglich. Daher sei es z.B. auf der belgischen Fregatte, die im Rahmen eines UNO-Einsatzes vor dem Libanon kreuzt, von nahezu kriegsentscheidender Wichtigkeit, daß der Nachschub an frischen Kartoffeln, Fritierfett und Sauce Andalouse nicht ins Stocken gerät.

Auch in Tilburg wird jetzt bald eine Friteuse aufgestellt. Aber erst, wenn sich die Gemüter wieder beruhigt hätten, ließ die Anstaltsleitung wissen. Schließlich würden in der Küche auch Gefangene beschäftigt und einige Kilo heißes Fett seien eine nicht zu unterschätzende Waffe.

Quelle: La Meuse

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