Samstag, 31. Juli 2010

Geschichten aus dem real existierenden Kapitalismus

Heute: Liebe Steppengrün-Bank

Ihr Schreiben vom 27. 7., in dem Sie mir mitteilen, daß sie mir künftig nur noch alle Vierteljahre einen gedruckten Kontoauszug zusenden werden, weil ich sie mir schließlich jederzeit bei Ihnen - selbstverständlich kostenlos - per Internet herunterladen und selbst ausdrucken kann, halte ich für eine ganz großartige Idee.

Und zum Zeichen dafür, daß auch ich mich bemühe, Kosten zu sparen und die Umwelt zu schonen, will ich gern meinen eigenen Beitrag leisten.

Ab dem 1. August 2010 führe ich daher das virtualisierte Zahlungsverfahren ein. Das ist für Sie ganz besonders einfach und praktisch. Jedesmal, wenn Sie künftig von mir Geld haben wollen, können Sie es sich schnell und einfach von meiner Website herunterladen und bei Bedarf selbst ausdrucken. Dieser Service ist für Sie selbstverständlich kostenlos.

Sie sehen: mit mir als Kunden haben Sie eine sehr gute Wahl getroffen.

Herzlichst Ihr,
fotoralf

Pentax: It's the shutter, stupid!

Noch eine knackige Schote aus Hoya-Pentax' K-7-Gemüsegarten: In den Foren war schon länger darüber gerätselt worden, warum die K-7 mit Weitwinkelobjektiven bei 1/125 s keine einwandfreie Schärfe liefert. Falk, Rüdiger und Henning haben jetzt herausgefunden, warum.

Ihre Erkentnisse haben sie in einen Bericht gefaßt, der größte Hochachtung verdient. Es haben schon Leute für weitaus dürftigere Leistungen ihren Dipl.-Ing. gekriegt.

Die Kurzfassung gibt es hier, die komplette Arbeit dort.

Schöner wäre es natürlich gewesen, Hoya-Pentax hätte das selbst herausgefunden, bevor sie die K-7 herausgebracht haben. Aber wahrscheinlich hätte das zuviel kostbare Entwicklungszeit von wichtigeren Features wie dem digitalen Wachsmalstifte-Filter abgezogen. Immerhin hat das noch ein Firmware-Update bekommen, bis sie damit zufrieden waren. Danach sieht man sowieso nicht mehr, ob das Ausgangsbild scharf war.

Peinlich, peinlich...

Mittwoch, 28. Juli 2010

Pentax: Firmware 1.10 zum Abgang der K-7

Heute hat es wieder ein Update für die Firmware der K-7 gegeben, mittlerweile das vierte seit Erscheinen der Kamera. Die aktuelle Version ist somit 1.10.

Achtung, Mac-User: auf der deutschen Website gibt es in der ZIP-Variante nur die alte 1.03. Die 1.10 gibt es als ZIP nur bei Pentax.com. Vielleicht merken sie es ja gelegentlich.

Neuerungen laut Hoya-Pentax:
  • Video-Bearbeitungsfunktion in der Wiedergabefunktion
  • Filme können geschnitten werden, um Szenen zu löschen und anschließend in verschiedene Dateien gespeichert zu werden.
  • Im Live-View-Betrieb kann der Autofokus durch Druck auf den Auslöser aktiviert werden.
  • Im Live-View-Betrieb und bei Aktivierung der Funktion „Elektronische Wasserwaage" zeigen der Kameramonitor und das LCD Display neben der Wasserwaage, in den Belichtungsfunktionen X und M, auch den Belichtungsmesser an. Die Abweichungen werden hier entsprechend in Plus- und Minuswerten angezeigt.
  • Neue Einstellung in der Custom-Image-Funktion. Hier steht jetzt zusätzlich die Option Umkehrfilm zur Verfügung.
Nach wie vor keine Lösung für die gröbsten Schoten im Bedienkonzept und auch diverse fette Bugs harren immer noch einer Korrektur. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
  • Wenn man bei Belichtungsreihen das Zeitenrad versehentlich in Richtung der langen Zeiten einige Rasten über 30 s hinausdreht, erhält man eine Belichtungsreihe mit entsprechend vielen Aufnahmen, die alle mit 30 s belichtet sind. Anschließend muß man das Rad um genauso viele Stufen zurückdrehen, bis wieder die 20 s erscheinen.
  • Wenn mit aktivierter Stabilisierung auf dem Stativ der Liveview aktiviert wird (ohne eingeschalteten Stabi wird bei manuellen Objektiven keine Brennweite in die EXIF-Daten geschrieben), gerät die Stabilisierung bei leichtester Erschütterung in wilde mechanische Schwingungen im Bereich um 10 Hz.
  • Die Darkframe-Subtraction wird bei B und Zeiten über 30 s trotz gegenteiliger Meldung im Menü-Display nach wie vor nicht abgeschaltet.
  • Der Weißabgleich ist mit M-Objektiven immer noch eine Katastrophe.
  • Der altbekannte Bug bei Auto-ISO im Programmodus ist auch noch da.
Diese Probleme bestehen allesamt von Anfang an oder seit mehreren Updates. Offenbar war das aber alles nicht so bedeutend. Wichtiger waren Hoya-Pentax seither solche Kindereien wie:
  • Die Verbesserung der Vorschaudarstellung beim digitalen Wasserfarben- und Wachsmalstifte-Filter (1.03) und
  • die digitale Simulation von Diafilm bei Speicherung als JPG (1.10).
  • Dazu jetzt noch das Schneiden von Videos in der Kamera (1.10).
Manchmal staunt man wirklich, auf was für Schnapsideen die Marketing-Heinis nicht alles kommen.

Auch die völlig unsinnige Aktivierung der Beleuchtung des oberen Display ist nie geändert worden. Das war bei allen Vorgängermodellen besser gelöst.

Grundsätzliche Mängel der Kamera, z.B. das nach heutigen Maßstäben indiskutable Rauschverhalten bei hohen Empfindlichkeiten, sind die Folge unglücklicher Entscheidungen und Allianzen im Zusammenhang mit der Hardware und ohnehin nicht mehr zu beheben. Spätestens seit das Einsteigermodell K-x ein um Klassen besseres Rauschverhalten als das nur wenige Wochen früher vorgestellte Spitzenmodell K-7 zeigt, ist klar, daß bei Hoya-Pentax einiges böse schiefgelaufen sein muß.

Angeblich soll es zur Fotokina ein neues APS-C-Modell "über der K-7" geben - de facto also den Nachfolger.

Etliche Anbieter haben den Preis der K-7 jetzt bereits unter 850 Euro gesenkt. Einige Premium-Händler sitzen dagegen immer noch auf Restbeständen der K20D und werden den Teufel tun, in Hamburg auch nur eine einzige K-7 zu ordern. Denn es ist absehbar, was es spätestens nach Weihnachten in Neuwied für 699 Euro geben wird. Das hatten wir bei der K20D ja alles schon und auch da waren die Premium-Händler die Dummen. Ob das eine auf Dauer tragfähige Strategie ist, mögen sie bei Hoya-Pentax selbst entscheiden.

Wer seine K-7 noch loswerden will, sollte sich jedenfalls beeilen. Aktuell gibt es bei ebay für eine Gebrauchte mit etwas Glück noch 700 Euro. Wenn erst einmal mehr zum Nachfolger bekannt ist, dürfte die 500-Euro-Grenze dort bald erreicht werden.

Montag, 26. Juli 2010

Die drei Optionen des Herrn Lambertz



Karl-Heinz Lambertz gehört der wallonischen Sozialistischen Partei (PS) an und ist Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, was etwa dem Ministerpräsidenten eines deutschen Bundeslandes entspricht. In der heutigen Ausgabe des deutschen Wochenblatts Focus hat er sich in einem Kurzinterview dazu geäußert, wie er sich die Zukunft der Deutschsprachigen Gemeinschaft vorstellt, falls es zur Teilung Belgiens kommen sollte. Und zwar:
  1. eine Rückkehr nach Deutschland
  2. eine Anbindung an Luxemburg
  3. ein unabhängiger Kleinstaat à la Liechtenstein.
Die Option eines Verbleibs bei der wallonischen Provinz Lüttich, zu der die Deutschsprachige Gemeinschaft mit ihren 74.000 Seelen seit der Einrichtung 1984 gehört, scheint in seinen Plänen nicht vorgesehen zu sein. Schon seltsam.

Quelle: BRF
Bild: Presserubrik der Website des Politikers

Samstag, 24. Juli 2010

Kultur für tausend Reiche

Die wunderschönen Türkei-Panoramen von Nuri Bilge Ceylan gibt es jetzt auch als Buch. Für dreihundert Euro.

Donnerstag, 22. Juli 2010

Seafrance: sie haben unterschrieben



Bereits am gestrigen Mittwoch haben die Direktion und die verschiedenen Gewerkschaften den Vertrag zur Sanierung der Reederei unterschrieben. Grund zur Freude hatte dabei kaum jemand. Und stolz sein kann auch niemand - am allerwenigsten die Mehrheitsgewerkschaft CFDT, die mit ihrer unsinnigen Taktik die Anzahl der Entlassungen noch weit nach oben getrieben hat.

Vor einem Jahr ging es um die Streichung von knapp über 600 Stellen, zwischenzeitlich hatte man mit Hilfe eines Schlichters rund 450 erreicht. Alle Gewerkschaften waren einverstanden, nur die CFDT hatte sich verweigert. Nun müssen 725 Mitarbeiter gehen. Ein toller Erfolg.

Immerhin kann dem Handelsgericht in Paris nun ein von allen Sozialpartnern unterschriebener Sanierungsplan vorgelegt werden. Jetzt geht es nur noch darum, ob das Gericht die Reederei bei der SNCF beläßt oder ein Übernahmeangebot akzeptiert.

Ob sich dafür ein Kandidat findet, ist nach den Eskapaden der CFDT und den Drohungen, mit denen sie schon einmal alle Aspiranten vergrault hat, mehr als fraglich.

Foto: Seafrance Berlioz im Hafen von Dover, Pentax K-7, DA 18 - 55 mm, f8, 1/350 s

Mittwoch, 21. Juli 2010

Stahlproduktion legt kräftig zu

Belgien hat seine Stahlproduktion im Juni mit 790.000 t gegenüber Juni 2009 mehr als verdoppelt.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Belgien 4,156 Mio. Tonnen Stahl produziert. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es mit 2,4 Mio Tonnen noch 73 % weniger.

Nach Angaben der Branchenorganisation World Steel liegt die weltweite Stahlproduktion jetzt bereits wieder um 10 Prozent höher als im Juni 2007, also vor der Krise.

Quelle: La Meuse

Einen behaglichen Nationafeiertag

Heute ist in Belgien Nationalfeiertag. Dazu gibt es, wie jedes Jahr, eine Rede des Königs in Radio und Fernsehen sowie heute nachmittag die Parade in Brüssel. Auch die drache nationale, der traditionelle Regenschauer zur Parade, ist schon aus Nordfrankreich im Anmarsch.



Die Rede Seiner Majestät war auch dieses Jahr... nun ja... wenig überraschend. Die aktuellen Probleme, sein Besuch im Kongo und die Präsidentschaft Belgiens in der EU. Zum Schluß der französischen Fassung - das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft gehört zur Wallonie - wie immer eine kurze Passage in deutscher Sprache.



Einen behaglichen Nationalfeiertag hat er gewünscht. Allerliebst.

Dienstag, 20. Juli 2010

Dünkirchen: Neues bei Total und Arcelor

Die Beschäftigten der Raffinerie des Flandres haben ihren Streik beendet, wenn auch mit gemischten Gefühlen.

Nachdem Total vor zwei Wochen dazu verurteilt worden war, die Raffinerie wieder in Betrieb zu nehmen, hat der Konzern unterdessen bei einem Gericht in Nanterre ein Verfahren angestrengt, um die Entscheidung zur Wiederinbetriebnahme auszuhebeln.

Bleiben die Frist von zwei Wochen und das Zwangsgeld. Offiziell bereitet Total nun die Wiederinbetriebnahme vor. Um die seit September 2009 ruhende Anlage auf eventuelle Defekte zu überprüfen, wird sie nun erst einmal inertisiert, d.h., sie wird entleert und alles, was brennen, explodieren oder sonstwie gefährlich werden könnte, wird aus den Anlagen und Rohrleitungen entfernt. Die Zahlung des Zwangsgelds von täglich 100.000 Euro ist damit vorerst ausgesetzt.

Verloren ist die Mühe für Total auf keinen Fall, denn falls sie in Nanterre vor Gericht durchkommen sollten - die Verhandlung ist für September angesetzt worden - so müßte die Anlage für den Abriß ebenfalls inertisiert werden. Das ist auch den Beschäftigten klar.

Bei Arcelor sickert unterdessen durch, daß Ende des Monats in Europa insgesamt drei Hochöfen außer Betrieb genommen werden sollen. In Dünkirchen ist das wie bereits gemeldet der HO2, dessen Stillstand für eine Neuzustellung genutzt werden wird.

Samstag, 17. Juli 2010

No Risque, no fun



Die Schleuse in Lanaye verbindet den Albertkanal (Lüttich - Antwerpen) mit der Maas und ist damit einer der wichtigsten Knotenpunkte im Netz der westeuropäischen Wasserstraßen.

Das Schleusentor hat sich gerade geöffnet, die Ampel der Einfahrt steht auf grün, und die Oranda fährt voran.

Links macht der Kapitän der Risque gerade die Leinen los. Im Ruderhaus steht seine Frau, und gleich wird sich die Risque neben der Oranda in die Schleuse legen.

Die Risque ist eine sog. péniche Freycinet. Dieser Schiffstyp ist maximal 38,5 m lang und 5,05 m breit. Damit paßt sie durch die Schleusen des gegen Ende des 19. Jahrhunderts unter dem französischen Minister Charles de Freycinet gebauten Kanalnetzes. Auch in Belgien gibt es eine Reihe Kanäle nach diesem Muster.

Mit ihrer Nutzlast von max. 400 Tonnen schafft sie immerhin die Lademenge von rund 12 LKW weg, und das sehr viel umweltfreundlicher.

Leider werden die péniches immer weniger. Die Eigner sind meist schon älter, ihre
Kinder haben gewöhnlich kein Interesse, das Schiff zu übernehmen, und so enden immer mehr Schiffe beim Abwracker oder bestenfalls als Hausboot.

Foto: Lanaye (B), 16. 7. 2010 - Pentax K-7, SMC-M 1.4/50 mm, f4, 1/15 s

Sonntag, 11. Juli 2010

Donnerwetter!

Deibel hat das gegossen, Samstagabend in Antwerpen. Von +34 auf +20 °C in einer knappen Viertelstunde. Dazu auf etwa 270 Grad des sichtbaren Horizonts ein pausenloses Biltzfeuerwerk.

Natürlich immer exakt außerhalb des Bildfelds. Außerdem war der Regen so stark, daß die Blitze nicht mehr vernünftig sichtbar waren, sondern nur noch ihr Lichtschein.

So dunkel war es gegen 20.45 Uhr:



An den Scheinwerfern links auf den Masten kann man erahnen, was da herunterkam. Der Ton ist hier deutlich eindrucksvoller als das Bild:



Das einzige brauchbare Blitzfoto gelang erst, nachdem die ganze Geschichte schon ein gutes Stück weiter in Richtung Nordosten abgezogen war und der Regen nachgelassen hatte.



Beide Aufnahmen; Pentax K-7, SMC-M 2/85 mm. Ton mit Zoom H2.

Mittwoch, 7. Juli 2010

Geschichten aus dem real existierenden Kapitalismus

Heute: Danke, Klaus Conrad

Es gab Zeiten in Köln, da konnte man die vielen Elektronikläden in der Stadt kaum aufzählen. P+M, Schuricht, Arlt, Völkner, Bader, Bürger, Unger, Schlembach, Pöschmann, Lima-Elektronik und wie sie alle hießen.


Vor 15 Jahren oder so hat Conrad mitten in der Stadt einen Riesenladen aufgemacht. Mit einer eigenen Amateurfunkabteilung und allem Brimborium. Es wurden eigens Funkamateure als Verkäufer eingestellt. Alle Leute fanden das ganz toll und rannten ihnen die Bude ein.

Nach und nach verschwanden alle anderen Läden. Die besten Verkäufer wurden bei Conrad sofort wieder eingestellt und brachten die Kundschaft sozusagen gleich mit. Selbst der große P+M gab irgendwann auf.

Kurz darauf wurde bei Conrad die Amateurfunkabteilung aufgelöst, das Sortiment erheblich ausgedünnt, und die ganzen Fachverkäufer waren auch bald weg. Stattdessen gab es das übliche Häuflein Verzweifelter zum branchenüblichen Tariflohn. Fachberatung war seither gestern.

Irgendwann begannen sie, an der Kasse nach der Postleitzahl zu fragen. Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten. Der tolle Laden in der Stadt wurde dichtgemacht und es ging in eine düstere Gewerbehalle weit draußen am Stadtrand. Die haben sie jetzt auch zugemacht.

Mit Ausnahme eines verwunschenen Kramlädchens hinter dem Karstadt
hat die Millionenstadt Köln seit dem 3. Juli keinen einzigen Elektronikhändler mehr.

Danke, Klaus Conrad. Und die Pest an den Hals!

Sonntag, 4. Juli 2010

Wirklich rührend

...wie die ganzen Heteros am CSD-Wochenende demonstrativ händchenhaltend in der Stadt herumlaufen.

Samstag, 3. Juli 2010

Belgien, die Regierung und der EU-Vorsitz

Diese Woche ging es durch die Nachrichten: für den Rest des Jahres übernimmt Belgien den Vorsitz in der EU. Wie soll das gehen, in einem Land, das nicht einmal eine Regierung hat?

Nun, noch hat Belgien eine Regierung, wenn auch nur eine geschäftsführende. Bis eine neue Regierung gebildet ist, bleibt die alte Besetzung erst einmal im Amt, kann zwar mangels Parlament keine Gesetze mehr erlassen, sehr wohl aber die laufenden Geschäfte fortführen.

Derweil kommt Bart de Wever, der Vorsitzende der flämischen Nationalisten (N-VA), die vergangenen Monat bei den Parlamentswahlen als stärkste Partei hervorgegangen sind, allmählich zum Ende seiner vom König übertragenen Funktion als Informateur. Seine Aufgabe war es, vor den eigentlichen Koalitionsverhandlungen zur Regierungsbildung die Lage und die Absichten der einzelnen Parteien zu sondieren. Dieses Wochenende wird er seinen Abschlußbericht für den König verfassen.

Danach könnte vom König bereits ein Formateur ernannt werden. Das ist der Politiker, der die neue Regierung bildet und meist auch anschließend Premierminister wird. De Wever hat bereits bekundet, daß er selbst an einer Position, die er nach seinem Parteiprogramm mitsamt dem Staat Belgien eigentlich abschaffen will, kein Interesse hat. Damit wird sie der zweitstärksten Partei, nämlich den wallonischen Sozialisten (PS), zufallen. Deren Vorsitzender, Elio di Rupo, wird damit wohl der nächste belgische Premierminister werden.

Eigentlich hätten de Wever und di Rupo mit ihren Parteien genug Parlamentssitze für eine komfortable Mehrheit. Es geht aber um mehr, denn die Flamen verlangen eine Staatsreform, in der die Zuständigkeiten und Kompetenzen der drei Regionen - Wallonien, Flandern und Brüssel - im belgischen Föderalstaat neu geordnet werden. Vorrangig geht es den Flamen dabei um mehr Selbständigkeit.

Für derartige Reformen sind jedoch Änderungen an der Verfassung erforderlich, zu denen im belgischen Oberhaus, dem Senat, eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird. Daher müssen weitere Partner für die Koalition gewonnen werden. Mögliche Partner sind die Liberalen, die Grünen und die Christdemokraten. Das heißt aber auch, daß weiteren Parteien Zugeständnisse gemacht werden müssen.

De Wever hat es sich zum Ziel gesetzt, bis Oktober wieder eine Regierung zu haben. Das wird nicht einfach werden.