Könnt Ihr die ganzen Meldungen zu Krise, Stillegungen und Jobabbau auch nicht mehr sehen?
Dann machen wir heute zur Abwechslung einen linguistischen Exkurs. Es geht um die kleinen Eigenheiten im Französisch der Wallonen, die sogenannten Belgizismen, über die einige Leute auch heute noch die Nase rümpfen - sehr zu Unrecht, wie ich finde.
Das geht bei den Zahlen schon los, wo es für Lernende aus dem germanischen Sprachraum angenehmen einfach wird. Statt
des sperrigen
soixante-dix-sept und
quatre-vingt-douze heißt es
septante-sept und
nonante-deux. Konsequenter sind nur noch die Schweizer, die sagen auch
octante.
Wenn man einem Belgier etwas erzählt und er mit
siwpläh? unterbricht, dann hat er nicht verstanden.
S'il vous plait ? Der Franzose würde
Pardon ? sagen. (Übrigens, nein, ich plenke nicht - das Leerzeichen vor dem großen Satzzeichen ?!;: ist in Frankreich wie in Belgien völlig korrekt.)
dire quoi... wie in
Sonne-moi pour me dire quoi ! Gleich zwei Belgizismen:
sonner für
téléphonner und eben
dire quoi: Bescheid sagen.
Qu'est-ce que t'es pour un homme ? fragt der Lütticher, und das darf man wörtlich übersetzen. Was bist Du für einer? Beruf, Frau, Kinder...?
La drache ist der Regenschauer, vorzugsweise als
la drache nationale, der am 21. Juli nachmittags mit schöner Regelmäßigkeit auf der Parade zum Nationalfeiertag niedergeht.
La ducasse ist die Kirmes, bei den Franzosen
la fête foraine.
Le kot ist die Studentenbude, das Verb dazu heißt
koter.
Une eau plate bestellt man, wenn man in Belgien ein Wasser ohne Kohlensäure möchte. In Frankreich erntet man damit Heiterkeit oder Unverständnis. Dort ist nur das Bier
plat - und das auch nur dann, wenn es schal ist.
Aller dans une friture ist in Belgien zwar allgemein üblich aber streng genommen falsch. Hier hat sich das flämisch/niederländische
Frituur über die Sprachgrenze geschlichen. Denn
la friture ist eigentlich das, was aus dem heißen Fett der
friteuse kommt, also das Frittierte. Und die Frittenbude ist korrekterweise eben keine
friture sondern eine
friterie. Bisweilen hört man auch noch das schöne
baraque à frites, wobei die klassische Bretterbude oder der Verkaufswagen mit den seit 20 Jahren platten Reifen und den zahlreichen Anbauten leider immer mehr der EU-Regulierungswut zum Opfer fällt und durch Friterien in festen Baulichkeiten ersetzt wird.
Damit wären wir aber schon bei den kulinarischen Belgizismen, und die sind eine Lektion für sich. Wahrscheinlich sogar mehrere. Dazu kommen wir später.
Jetzt sagen wir fürs erste
à tantôt - bis gleich, bis neulich, man sieht sich... :-)