Dienstag, 30. April 2013

Kopfrechnen mangelhaft

Dass die belgischen Medien es mit der Mathematik nicht so haben wissen wir schon länger. Gerade haben sie wieder einen ganz besonders schwergewichtigen Bock geschossen.

Am Sonntag hat es nach dem Fußballspiel zwischen Anderlecht und Brügge die üblichen Handgreiflichkeiten zwischen den Fans gegeben. La Meuse meldet, die Fans aus Anderlecht hätten einen Bus voll Fans aus Brügge angegriffen, und das mit Eisenstangen von 20 cm Durchmesser.

Nun zeichnen sich Stangen nach allgemeinem Sprachverständnis dadurch aus, dass ihre Länge deutlich größer als ihr Durchmesser ist, sonst sind es Scheiben oder Trommeln. Nehmen wir einmal an, sie wären einen Meter lang gewesen. Das ist immer noch nicht besonders stangenförmig, reicht aber, wie wir nach überschlägigem Nachrechnen schnell feststellen werden, um den Unsinn dieser Meldung zu entlarven. Denn ein Stück Eisen - oder eher Stahl - von einem Meter Länge und 20 cm Durchmesser wiegt die Lappalie von knapp 250 kg. Eine Vierteltonne. Zum Vergleich: der Weltrekord im Gewichtheben liegt bei 260 kg. Und da geht es auch nur darum, das Gewicht hochzustemmen und einige Sekunden lang zu halten.

Ich weiß, ich weiß... Omnium Gallorum fortissimi sunt Belgae. Trotzdem möchte ich sehen, wie besoffene Halbstarke mit 250 kg schweren Eisenstangen um sich schlagen. Es werden wohl eher ein paar Stücke Moniereisen gewesen sein. Das ist gerade heftig genug.

Das Foto oben zeigt ein paar "Eisenstangen" im Hafen von Antwerpen. Na gut, die sind noch etwas dicker, aber das Konzept dürfte klar werden.

Montag, 29. April 2013

Geschichten aus dem real existierenden Kapitalismus (15)

Heute: von einem, der auszog, einen mobilen WLAN-Hotspot zu kaufen 

Unser Huawei E5 hat einen Bug. Es zeigt die aktuell verbrauchte Datenmenge häufig falsch an. Da wir sowieso ein zweites gebrauchen könnten, um beim Überqueren der diversen Staatsgrenzen nicht ständig die SIM-Karte wechseln zu müssen, haben wir flott bei Amazon noch eines bestellt. Das kam auch gleich am nächsten Tag - und sah mächtig nach B-Ware aus. Dazu ein riesiger Aufdruck von Türkoteledingsbums und alle Anzeigen auf Chinesisch. Soviel zu "Neuware von Huawei". Zurück damit!

Noch einmal im Web nachgesehen, was es in der Art unterdessen sonst noch gibt und als Alternative ein MF60 von ZTE ausgesucht. 

Das gibt es z.B. bei O2 für 61 Euro. Kurz bei deren Hotline angerufen, ob das zu dem Preis auch simlockfrei sei... und von dem Honk am Telefon erst einmal mächtig angemacht worden. Er müsse sein Geld mit dem Verkauf von Verträgen verdienen und habe besseres zu tun, als seine Zeit mit mir zu verplempern. Allerliebst. Und wieder fehlt das Emoticon für den Stinkefinger.

Im O2-Webshop gibt es das Ding zwar zu kaufen, aber nur per Ratenzahlung über 48 Monate. Für 61 Euro ist mir das nun wirklich zu blöd. Also haben wir es im örtlichen O2-Laden geholt. 

Zuhause kam dann die große Überraschung: das Ding hat keine Möglichkeit, das verbrauchte Datenvolumen anzuzeigen. Wer kommt auf so einen Murks? Der O2-Laden nimmt es natürlich nicht zurück und wir dürfen es jetzt in der Bucht verkaufen. Bilder machen, Auktion einstellen, Paket versenden. Herzlichen Dank auch.

Verdi hin, Tariflohn her - künftig wird alles wieder nur noch bei Amazon bestellt. Da kann man sowas wenigstens umgehend zurückschicken.

Samstag, 27. April 2013

So ändern sich die Zeiten...

Als ich noch im Amateurfunk aktiv war, hing hier an der Wand eine Weltkarte, in der die sog. Präfixe der einzelnen Länder eingetragen waren. Das waren die ersten zwei oder drei Stellen des Rufzeichens, an denen man erkennen konnte, in welchem Land sich die Funkstelle befand: DL für Deutschland, OE für Österreich, ON für Belgien, PA für die Niederlande usw.

Jetzt gibt es eine ähnliche Karten mit den Top-Level-Domains - also .de, .at, .be und .nl, um bei den genannten Beispielen zu bleiben. Zu kaufen ist die Karte bei -> checkdomain.de als Poster von 114 x 70 cm für 27 Euro. 10 Euro davon gehen an die Kinderkrebshilfe. Und wer darüber bloggt, der kriegt sie kostenlos und die Kinderkrebshilfe bekommt trotzdem ihre 10 Euro. Da mach sogar ich mal Reklame. Nur dieses eine Mal. Versprochen.

Freitag, 26. April 2013

Gute Nachrichten vom Albertkanal

Die Schiffer haben sich gestern mit dem zuständigen Minister geeinigt. Der Schiffsverkehr läuft wieder.

Donnerstag, 25. April 2013

Transeuropa Ferries stellt Konkursantrag

Es war seit Tagen zu befürchten, jetzt ist es amtlich. Transeuropa Ferries hat heute die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragt. Die Schulden bei den Lieferanten von Proviant und Kraftstoff betragen 13,5 Millionen Euro. Dazu kommen unbezahlte Hafengebühren in Ostende und Ramsgate. Deshalb liegen auch die beiden verbleibenden Schiffe - Larkspur und Gardenia - an der Kette. 

Damit ist Ostende nach 170 Jahren und insgesamt 8 Fährgesellschaften kein Fährhafen mehr. Bekanntlich soll man am Kanal niemals nie sagen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich dort noch einmal jemand anderes engagiert, ist äußerst gering.

Die Hafengesellschaft gibt sich gelassen. Man habe sich schon vor Jahren anderweitig orientiert, hauptsächlich als Basis für die Errichter und Betreiber von Windkraftanlagen auf See. Der Verlust der Fährverbindung sei eher eine sentimentale als eine wirtschaftliche Angelegenheit. Die hauptsächlich osteuropäischen Fernfahrer hätten am Ort so gut wie nichts ausgegeben und die Anzahl der Arbeitsplätze sei gering gewesen. 

Die Besatzungen kehren nach Slowenien und Kroatien zurück. Die 20 an Land tätigen Angestellten der Reederei werden entlassen. Die 15 für den Fährbetrieb eingesetzten Hafenarbeiter werden nach Zeebrügge versetzt.

Schade ist es trotzdem.  

Das Foto zeigt die Larkspur (ex Sally Sky) im Januar 2012 in Ostende.

Quelle: Focus WTV

Freitag, 19. April 2013

Belgische Binnenschiffer protestieren

Seit mehreren Tagen streiken belgische Binnenschiffer und blockieren zeitweise den Albertkanal, der den Seehafen in Antwerpen mit der Maas in Lüttich und über die Schleuse in Lanaye auch dem übrigen europäischen Wasserstraßennetz verbindet.

Ihr Protest richtet sich gegen die Konkurrenz ihrer niederländischen Kollegen, die den Belgiern einen ruinösen Wettbewerb aufzwingen. Teilweise sollen die Preise der Niederländer um ein Drittel niedriger sein. Die können sich das leisten, denn sie werden von ihrer Regierung großzügig subventioniert. 

Aus demselben Grund sind die niederländischen Schiffe meist auch erheblich größer und moderner. Die Autos an Bord sind zwei Klassen dicker, häufig steht  noch ein teures Sportboot daneben und der Wettkampf darum, wer an Bord den größten Flachbildfernseher unterbringt, ist schon von Land aus zu sehen. 

Währenddessen kämpfen die belgischen Schiffer ums nackte Überleben. Ihnen reicht es jetzt und sie haben angedroht, ihre Aktion notfalls so lange durchzuziehen, bis der  Industrie die Rohstoffe ausgehen.

Das Foto zeigt den Albertkanal auf Höhe von Herstal am heutigen Nachmittag. Pentax K-5, SMC-DA 50 - 200 mm.

Donnerstag, 18. April 2013

Schlechte Nachrichten aus Ostende

Bei Transeuropa Ferries sieht es offenbar nicht gut aus. Sämtliche Überfahrten sind bis auf weiteres gestrichen. Die Website ist seit Tagen offline. Gardenia und Larkspur liegen in Ostende. Und jetzt die ganz schlechte Nachricht: Die Ostend Spirit (ex Pride of Calais) ist seit heute wieder in Tilbury. 

Und ich hatte mich so darauf gefreut, Pfingsten Bilder von ihr zu machen.

Mittal trifft französische Parlamentarier

Gestern hat es ein Treffen zwischen Lakshmi Mittal und der Enquetekommission des französischen Parlaments zur Zukunft der Stahlindustrie gegeben. 

Viel ist von dieser Veranstaltung hinter verschossenen Türen nicht nach außen gedrungen. Er soll Presseberichten zufolge jedoch die Bedeutung der küstennahen Standorte, insbesondere Dünkirchen, betont und die zu kurzen französischen Arbeitszeiten bemängelt haben.

Mittwoch, 17. April 2013

Der verhexte Hochofen

Eine macrale, auch macrâle geschrieben, ist im Wallonischen eine Hexe, die für allerlei Böses, so auch für den Winter, verantwortlich gemacht wird. Sie kann auch das Äußere eines Kettenhunds annehmen. 

In einigen Gegenden wird eine Hexenfigur am Ende des Winters auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Auch im wallonischen Karneval und bei anderen folkloristischen Veranstaltungen, z.B. am 15. August in Lüttich, gibt es Gruppen von macrales in den Umzügen zu sehen.

Das Wort hat sogar Eingang in die Sprache der wallonischen Hochöfner gefunden. Eine emmacralage, wörtlich also eine Verhexung, war früher ein besonders gefürchteter Zustand, bei dem es im Ofen zu einem plötzlichen starken Temperaturabfall kam, sodass kein Abstich mehr möglich war und der Ofen verstopfte. Im schlimmsten Fall musste er dann völlig heruntergefahren, aufgebrochen und ausgeräumt werden.

Foto: Wikimedia CC-BY-2.5 Area151Bel

Montag, 15. April 2013

Arcelor Lüttich: keine Interessenten für eine Übernahme

Morgen trifft sich im wallonischen Wirtschaftsministerium die Task Force, die im Rahmen des Renault-Verfahrens für die Lütticher Warmphase und die von der Stilllegung betroffenen Teile der Kaltphase versuchen sollte,  Unternehmen zu finden, die an der Übernahme der Anlagen interessiert wären, und zu ermitteln, ob und wie man Arcelor gegen deren erklärten Willen zum Verkauf zwingen könnte.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich die Frage des ob und wie kaum stellen wird. Einzig für die Kokerei scheint es Interessenten zu geben. Das würde etwa 200 Arbeitsplätze retten und auch dies nur bis 2022. Dann läuft die Konzession für die Anlage aus, und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die größte Dreckschleuder diesseits des Eisernen Vorhangs in diesem Ballungsraum noch einmal genehmigt werden könnte. Politik und Gewerkschaften haben bereits erkennen lassen, dass sie daran kein ernsthaftes Interesse haben.

Wenn also in den nächsten 24 Stunden kein Wunder mehr passiert, dürfte für die Warmphase einschließlich Kokerei sowie einen großen Teil der Kaltphase im Maastal endgültig und unwiderruflich Schluss sein.

Foto: Kokerei Seraing, 2006

Sonntag, 14. April 2013

Kortrijk: Hochkarätige Fotografie aus Belgien

Wer in den nächsten Wochen in die südwestliche Ecke Belgiens kommt, sollte einen kleinen Umweg über Kortrijk (Courtrai) einplanen.

Dort gibt es unter dem Titel ALLER RETOUR eine geballte Ladung belgischer Fotografie vom Allerfeinsten zu sehen. Gleich drei Fotografen werden gezeigt: Magnum-Fotograf Carl de Keyser mit Aufnahmen aus seiner letztes Jahr schon in Ostende gezeigten Serie Before the Flood, der den Lesern dieses Blogs bereits wohlbekannte Stephan Vanfleteren mit einer Reihe seiner Fassadenansichten und die junge belgische Fotografin Bieke Depoorter, Jahrgang 1986, mit einem Querschnitt ihres bisherigen Schaffens.  

All dies noch bis zum 9. Juni 2013 in der Budafabriek in Kortrijk. Mehr dazu gibt es -> hier.

Dienstag, 9. April 2013

Großbrand bei Sidmar

Im Stahlwerk von Arcelor in Gent ist heute eine Pfanne mit 300 Tonnen flüssigem Stahl umgekippt und hat einen größeren Brand verursacht. Der ist zwar mittlerweile gelöscht, die Feuerwehr wird jedoch noch eine Weile damit zu tun haben, alles zu kühlen und einen erneuten Ausbruch zu verhindern. Verletzt wurde zum Glück niemand.

Quelle: de Standaard

Montag, 8. April 2013

Raytheon erfindet 3D-Audio

In einer Pressemitteilung gibt der amerikanische Rüstungskonzern Raytheon bekannt, dass er gerade an der Erfindung des Rads... pardon... von 3D-Audio arbeitet.

Diese laut Raytheon neue Technik soll z.B für Piloten von Kampfflugzeugen die Sprachsignale aus verschiedenen Kommunikationswegen und Funkkanälen so aufbereiten, dass sie aus unterschiedlichen Richtungen wahrgenommen werden und so leichter zu unterscheiden sind.

Da kann man mal sehen, was man im Internet alles lernen kann. Ich wusste garnicht, dass es so etwas bisher noch nicht gegeben hat...

Frühjahrsputz

Zu einem ordentlichen Frühjahrsputz gehört bekanntlich auch eine gründliche Entrümpelung. Die haben die Belgier gerade bei ihren verschiedenen Gesetzbüchern in Angriff genommen. Dort gibt es noch einiges, das schon länger nicht mehr zeitgemäß ist.

So besagt der Artikel 1408 des Gerichtsgesetzbuchs, dass bei einer Pfändung durch einen Gerichtsvollzieher eine Kuh oder  zwölf Ziegen oder Schafe oder 24 Hühner, einschließlich Stroh und Futter für einen Monat, zum unpfändbaren Existenzminimum gehören.

Artikel 985 des Bürgerlichen Gesetzbuchs regelt das Verfassen eines Testaments in Gegenden, zu denen die Verkehrsverbindungen wegen eines Ausbruchs der Pest unterbrochen sind. 

Ebenso überholt ist das Gesetz vom 16. Juni 1937, nachdem der König in Belgisch-Kongo die Mobilmachung anordnen darf.

Bislang kümmert sich um solche Relikte ein Ausschuss der beiden Parlamentskammern, gewöhnlich auf Vorschlag des Verfassungsgerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft. Im nächsten Monat soll eine Website eingerichtet werden, über die auch die Bürger Vorschläge machen können.

Freitag, 5. April 2013

#equality

Wer hätte gedacht, dass das neue Logo der ehemaligen Dexia-Banque einmal so populär werden würde.

Herstal (B) - Pentax K-r

Montag, 1. April 2013

Kokerei Seraing

Das ist das einzige halbwegs ordentliche Bild, das ich vom Inneren der Kokerei in Seraing habe. Die ist nämlich außer von den Hängen des Maastals fotografisch völlig unzugänglich. Von der Rückseite ist die Aussicht ziemlich komplett verbaut und zur Maas steht eine hohe Mauer.

In dieser Mauer gibt es eine Tür für den Kranführer der Kohleentladung. Einmal in all den Jahren hat sie offen gestanden. Ich habe schnell von außen durch die offene Tür ein paar Bilder geschossen und hatte mich kaum herumgedreht, als sie hinter mir krachend zugeworfen wurde.

Seraing (B), 2002 - Contarex, Distagon 4/35 mm