Montag, 31. August 2015

Calais: sie haben alle unterschrieben

Heute Abend ist der unter der Vermittlung von Verkehrsstaatssekretär Alain Vidalies ausgehandelte Vertrag endlich von allen Parteien unterschrieben worden. DFDS, die SCOP Seafrance und Eurotunnel haben sich damit auf eine Beilegung der wochenlangen Streiks, Blockaden und Streitigkeiten um das Ende der Fährlinie MFL geeinigt.

Die Streikenden unter Vercoutre müssen die Fähren Berlioz und Rodin bis spätestens Mittwoch 9 Uhr morgens verlassen. 

DFDS wird dann zwischen Calais und Dover insgesamt drei Schiffe einsetzen, und zwar die beiden ex-MFL-Schiffe und die Malo Seaways oder die Calais Seaways - wahrscheinlich letztere, weil die Malo nur gechartert ist.

Das allgemeine Aufatmen müsste in Calais nun eigentlich weithin hörbar sein.

Neues vom Narrenschiff

Gestern Abend haben Vercoutre und seine Rabauken mit ein paar Rettungsbooten stundenlang die Hafeneinfahrt versperrt. Sie wollten Zugang per LKW zu den beiden Fähren erzwingen, um Material aus den Restaurants und Fitnessräumen zu holen, das angeblich ihnen gehört.

Der Liquidator hat das verweigert, denn nur er und die Richter im Liquidationsverfahren dürften entscheiden, wer was wo abholt. 

Die Malo Seaways ist daraufhin mit ihrer Ladung nach Dover zurück gefahren. Die Calais Seaways ist nach Dünkirchen ausgewichen, und die Pride of Kent sowie die Spirit of France haben mehrere Stunden vor Calais gelegen, bevor sie endlich in den Hafen einlaufen konnten. Tausende britische Urlauber auf der Heimreise haben die Nacht in Calais verbracht.

Gegen Mitternacht hat Vercoutre die Blockade beendet. Gegenüber AFP erklärte er, die Präfektin des Départements Pas de Calais habe ihnen den Zugang zu ihrem Material erlaubt.

Wenn das so stimmt, dann ist das eine Ungeheuerlichkeit: der Präfekt eines Départements erlaubt irgendwelchen Leuten in einem gerichtlichen Liquidationsverfahren über die Köpfe der Richter und des Liquidators hinweg, die Konkursmasse zu plündern. 

Aber offenbar gilt das normale Recht für Vercoutre und Konsorten in Calais schon länger nicht mehr.

Donnerstag, 27. August 2015

Schulfach Nichts

Belgische Schüler nehmen bisher obligatorisch am Religionsunterricht teil oder am Unterricht im Fach "nichtkonfessionelle Sittenlehre", wie es in der Deutschsprachigen Gemeinschaft so schön heißt. 

Nach einem Urteil des belgischen Verfassungsgerichtshofs gibt es ab dem neuen Schuljahr die Möglichkeit, sich von beidem befreien zu lassen. Fragt sich natürlich, was man in der Zeit mit den Schülern macht. Man kann sie ja schlecht auf der Straße oder auf dem Schulhof sich selbst überlassen.

Die Lösung heißt Encadrement Pédagogique Alternatif, abgekürzt EPA, zu Deutsch etwa Alternative Pädagogische Betreuung. Doch Medien und Volksmund waren schneller. Längst heißt es überall cours de rien - Schulfach Nichts.

Allein, wie soll das in der Praxis aussehen? Die Politker haben sich aus der Frage ganz elegant herausgestohlen. Es bleibt den Schulen im Rahmen ihrer "pädagogischen Gestaltungsfreiheit" überlassen.  

Hinauslaufen wird es wohl auf eine Art Staatsbürgerkunde mit zwei Wochenstunden, abgehalten von... den Religionslehrern.

Mittwoch, 26. August 2015

Hoverports in Boulogne und Calais werden abgerissen

Die beiden seit Jahren verwaisten Hoverports in Boulogne Le Portel und Calais werden noch dieses Jahr abgerissen. 

1994 war in Boulogne und 2001 in Calais das letzte Hovercraft gelandet. Seither verfällt alles. Nun will die Handelskammer als Eigentümerin noch dieses Jahr den Abriss vornehmen lassen, weil sonst eine Möglichkeit zur Subventionierung durch die EU verfällt.

Das Foto zeigt den Hoverport in Boulogne im Jahr 1987. Damals ahnte noch niemand, dass sieben Jahre später Schluss sein würde, für die Hovercrafts ebenso wie für den Turbinentriebwagen im Haltepunkt "Boulogne Aéroglisseurs", der bei jeder Landung die direkte Verbindung nach Paris herstellte.

Mittwoch, 19. August 2015

Neues aus Calais

Es war eher ruhig in Calais, in den letzten Wochen. Verkehrsstaatssekretär Alain Vidalies hat einen runden Tisch nach dem anderen veranstaltet, in dem offensichtlichen Bemühen, die Gewerkschaftler beschäftigt zu halten, aber herausgekommen ist so gut wie nichts.

DFDS will immer noch nicht mehr Seeleute der SCOP übernehmen. Die Rodin und die Berlioz sind von Vercoutre und seinen Kriegern immer noch besetzt. Die SCOP befindet sich unterdessen in der Liquidation. Selbst dagegen hat die Gewerkschaft nichts mehr unternommen, denn es war die Bedingung dafür, dass die staatliche Ausfallversicherung die Gehälter weiter zahlt, bis alle Beschäftigten entlassen sind.

Auch am Kanaltunnel ist es ruhiger geworden. Die Bewachung ist noch einmal verstärkt worden, und die Zahl der nächtlichen Eindringversuche der Migranten, die die europäische Presse einige Tage lang beschäftigt hatten, ist ebenfalls wieder zurückgegangen.

Dafür ist gestern etwas passiert, das deutlich macht, wie ungehindert und ungestraft man Vercoutre in Calais immer noch gewähren lässt. Er und 30 seiner Spielkameraden haben gestern Mittag dem Büro der MFL im Hafen einen Besuch abgestattet, um sich bei ex-Direktor Doutrebente zu beschweren. Offenbar waren die Herren Gewerkschaftler etwas verstimmt, weil Eurotunnel einige bereits entlassene Seeleute der SCOP für die in Dünkirchen aufgelegte Nord-Pas-de-Calais eingestellt hat, ohne Vercoutre und seinen Kumpanen eine Vorzugsbehandlung einzuräumen. 


In Ermangelung des MFL-Direktors haben sie daraufhin einige Mitarbeiter der Buchhaltung angegriffen und ein paar Autos des Unternehmens demoliert. Bis hierhin schon fast nichts besonderes mehr, wenn man im Nord Littoral nicht folgendes lesen müsste: die mit mehreren Anrufen alarmierte Grenzpolizei PAF, die für den Hafen zuständig ist, erhielt keine Erlaubnis einzugreifen. Willkommen in Absurdistan.

Mittwoch, 12. August 2015

Belgida...

Das Theater um den Lütticher Sirup geht munter weiter und man weiß wirklich nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll. Joseph Charlier, ehemaliger Vorsitzender der Liberalen in Verviers, hat höchstpersönlich seinen Becher Sirup nach Aubel zurückgebracht. Das sei ein Skandal, schäumt er, und er wolle dagegen protestieren, dass man ihn mit 68 Jahren plötzlich zwinge, halal zu essen.

Dass sich am Rezept überhaupt nichts geändert hat, ist ihm egal - es geht ihm ums Prinzip. Die sollten ja Halal-Produkte verkaufen, wenn sie wollten, aber dafür noch Reklame zu machen, das ginge nun eindeutig zu weit. Die Firma Meurens gefährde die Zivilisation, die Politik sähe zu und schon bald sei das Land unter der Fuchtel der Extremisten. 

Langsam ahnt man, warum rechtsextreme Parteien in der Wallonie keinen Fuß auf die Erde bekommen. Man braucht sie einfach nicht, wenn solche Sprüche sogar bei den Liberalen salonfähig sind.

Dienstag, 11. August 2015

Google strukturiert sich um. Na und?

Zweieinhalb Minuten inklusive einer PR-Sprechblase von irgendeinem Google-Mandarin, ein nichtssagendes Statement eines angeblichen Experten und danach noch ein Verweis auf die Tagesschau-Website mit weiteren Informationen zu diesem Ereignis, das angeblich die Welt bewegt.

Die Tagesschau verkommt immer mehr zur Verlautbarungs- und PR-Maschine. 

Das Abendland geht im Siruptopf unter

Die Siroperie Meurens in Aubel produziert seit 1947 den köstlichen Lütticher Sirup aus Äpfeln, Birnen, Aprikosen, Pflaumen und Datteln. Keine Farbstoffe, keine Konservierungsstoffe, keine weiteren Zusatzstoffe - alles pure Natur. 

Diese Leckerei ist im In- und Ausland beliebt und auch in diesem Haushalt jederzeit vorrätig. 

Ein erheblicher Teil der Produktion geht in den Export und unlängst hatte man bei Meurens beschlossen, den Sirup für den Verkauf in den arabischen Ländern als halal zertifizieren zu lassen. Eigentlich eine reine Formsache, denn weder an der Rezeptur noch an der Verpackung musste irgendetwas geändert werden. Das hat La Meuse letzte Woche in einer kurzen Notiz auf der Website gemeldet. 

Mit dem, was daraufhin passierte, hatte wohl niemand gerechnet. Binnen weniger Stunden gab es über 600 wütende Kommentare. Die üblichen Schreihälse hatten "halal" gelesen und gleich wieder rot gesehen. Das habe ja gerade noch gefehlt, das belgische Kulturgut würde nie mehr sein, was es einmal war, kein anständiger Katholik könne dieses Zeug mehr essen... und natürlich wurde sofort zum Boykott aufgerufen. Auch die Firma Meurens erhielt massenhaft Mails mit ähnlich intelligentem Inhalt. 

Unterdessen tauchen auf den ersten einschlägigen Websites Banner mit "Je suis Sirop de Liège" auf.

La Meuse hat einen weiteren Artikel nachgeschoben, in dem Inhaber Bernard Meurens noch einmal darauf hinweist, dass sich am Produkt überhaupt nichts geändert hat. Aber wenn sich die Hüter irgendeiner Kultur erst einmal richtig in einem Thema verbissen haben, lassen sie so schnell nicht wieder los. Die Anderen können das ja auch ganz gut, wenn wieder jemand die falschen Bildchen gemalt hat.

Doof bleibt doof - da hilft auch kein Lütticher Sirup.

Montag, 10. August 2015

Belgische Initiative zur Panoramafreiheit

Über diesem Artikel hätte ein Bild des Atomiums stehen können. Da die Belgier bisher aber keine Panoramafreiheit haben und die Veröffentlichung einer Aufnahme eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks in Belgien zu gewerblichen Zwecken nicht ohne weiteres möglich ist, gibt es hier kein Bild. Man könnte jetzt argumentieren, dass ich das Bild doch garnicht gewerblich veröffentliche, aber Facebook, Instagram und eben auch Blogger sind Unternehmen, die von den veröffentlichten Inhalten leben, und das ist dem belgischen Gesetzgeber bis heute gewerblich genug. 

Einzelne Sites, z.B. die Fotocommunity, haben mit den Betreibern des Atomiums oder des Eiffelturms Sondervereinbarungen getroffen, nach denen dort Aufnahmen dieser Bauwerke zwar gezeigt werden dürfen, aber nur, wenn man in der Bildunterschrift deren Betreibern das Urheberrecht überträgt.

Nun haben zwei Politiker der flämischen Liberalen eine Gesetzesinitiative angekündigt, um auch in Belgien die Panoramafreiheit einzuführen. Wollen wir hoffen, dass sie damit bald Erfolg haben, damit dieser Unsinn endlich ein Ende hat. Sonst müssen wir alle noch bis 2075 warten, bis der Architekt des Atomiums 70 Jahre lang tot ist.

Sonntag, 9. August 2015

Nichts Neues unter der griechischen Sonne

"Die Regierung hat dem griechischen Staat wiederholt die Hand ausgestreckt und dazu aufgefordert, einen Vorschlag zu unterbreiten. Dieser Vorschlag hätte weitgehend die besondere Lage berücksichtigen können, in der sich Griechenland befindet. (...) Leider waren unsere Anstrengungen vergebens. Die griechische Regierung hat sich darauf beschränkt, zu erklären, sie habe wegen der Finanz- und Währungsprobleme sowie der Sackgasse, in der sie sich befände, ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können."

Diese Rede ist nicht etwa sechs Wochen alt, sondern 64 Jahre. Gehalten hat sie Joseph Meurice, der belgische Minister für Außenhandel, vor dem Parlament in Brüssel am 24. April 1951.

Zur Vorgeschichte: 1925 hatte die griechische Regierung dem lütticher Stahlkonzern Ougrée-Marihaye einen Riesenauftrag zur Modernisierung der griechischen Eisenbahnen erteilt. Auftragsumfang 21 Millionen Golddollar, damals eine enorme Summe. Finanziert wurde das alles über einen Kredit des Stahlkonzerns, abgesichert durch eine griechische Staatsanleihe. 1932 stellten die Griechen die Zahlungen für die bereits gelieferten Lokomotiven, Schienen und Brücken ein. Die Stahlkocher wandten sich an die belgische Regierung, die die Griechen beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag verklagte. Mit Erfolg. 1939 erging das Urteil, nach dem die Griechen noch fast 7 Millionen Golddollar zu zahlen hatten. Gezahlt haben sie trotzdem nicht.

Im November 1950 erfuhr man in Ougrée, dass Griechenland bei einer Bank in Brüssel 400 Millionen belgische Franken deponiert hatte und wandte sich an die Justiz, um eine Pfändung zu erreichen. Die Regierung stellte sich hinter dieses Ansinnen und trat als Nebenkläger in das Verfahren ein. Der Rest hätte eigentlich nur eine Formsache sein dürfen.

Herausgekommen ist stattdessen die erste ernsthafte Konfrontation zwischen Belgien und den USA nach dem zweiten Weltkrieg. Den Amerikanern war das alles nicht genehm und sie drohten Belgien mit der Einstellung der Hilfe aus dem Marshallplan. Der Regierung in Brüssel blieb nichts anderes übrig, als klein beizugeben. Gezahlt haben die Griechen bis heute nicht. 

Mittwoch, 5. August 2015

Frau Schniedel, Frau Miststück und Herr Hahnrei

Wenn jemand in Belgien seinen Namen ändert, dann wird das im Staatsanzeiger veröffentlicht. Bei La Meuse hat sich jemand die Mühe gemacht, ein paar dieser Änderungen zu sammeln. 

So waren offenbar unzufrieden mit ihren Namen die Frau Schniedel (Mme. Zizzi), Frau Miststück (Mme. Fumier) und Herr Hahnrei (M. Cocu). Auch diverse Vollidioten (Mme. Connart, Counnart), Frau Nutte (Mme. Put) und Frau After (Mme. Anus) sowie Frau Blödesau (Mme. Counasse) wollten künftig lieber anders heißen. Die Schreibweisen der Namen weichen zwar teilweise leicht von dem eigentlichen bösen Wort (connard, connasse, pute) ab, aber spätestens bei der Aussprache fällt das nicht mehr auf.

In einem solchen Fall kostet der Verwaltungsakt übrigens nur 49 Euro.