Samstag, 3. Juli 2010

Belgien, die Regierung und der EU-Vorsitz

Diese Woche ging es durch die Nachrichten: für den Rest des Jahres übernimmt Belgien den Vorsitz in der EU. Wie soll das gehen, in einem Land, das nicht einmal eine Regierung hat?

Nun, noch hat Belgien eine Regierung, wenn auch nur eine geschäftsführende. Bis eine neue Regierung gebildet ist, bleibt die alte Besetzung erst einmal im Amt, kann zwar mangels Parlament keine Gesetze mehr erlassen, sehr wohl aber die laufenden Geschäfte fortführen.

Derweil kommt Bart de Wever, der Vorsitzende der flämischen Nationalisten (N-VA), die vergangenen Monat bei den Parlamentswahlen als stärkste Partei hervorgegangen sind, allmählich zum Ende seiner vom König übertragenen Funktion als Informateur. Seine Aufgabe war es, vor den eigentlichen Koalitionsverhandlungen zur Regierungsbildung die Lage und die Absichten der einzelnen Parteien zu sondieren. Dieses Wochenende wird er seinen Abschlußbericht für den König verfassen.

Danach könnte vom König bereits ein Formateur ernannt werden. Das ist der Politiker, der die neue Regierung bildet und meist auch anschließend Premierminister wird. De Wever hat bereits bekundet, daß er selbst an einer Position, die er nach seinem Parteiprogramm mitsamt dem Staat Belgien eigentlich abschaffen will, kein Interesse hat. Damit wird sie der zweitstärksten Partei, nämlich den wallonischen Sozialisten (PS), zufallen. Deren Vorsitzender, Elio di Rupo, wird damit wohl der nächste belgische Premierminister werden.

Eigentlich hätten de Wever und di Rupo mit ihren Parteien genug Parlamentssitze für eine komfortable Mehrheit. Es geht aber um mehr, denn die Flamen verlangen eine Staatsreform, in der die Zuständigkeiten und Kompetenzen der drei Regionen - Wallonien, Flandern und Brüssel - im belgischen Föderalstaat neu geordnet werden. Vorrangig geht es den Flamen dabei um mehr Selbständigkeit.

Für derartige Reformen sind jedoch Änderungen an der Verfassung erforderlich, zu denen im belgischen Oberhaus, dem Senat, eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird. Daher müssen weitere Partner für die Koalition gewonnen werden. Mögliche Partner sind die Liberalen, die Grünen und die Christdemokraten. Das heißt aber auch, daß weiteren Parteien Zugeständnisse gemacht werden müssen.

De Wever hat es sich zum Ziel gesetzt, bis Oktober wieder eine Regierung zu haben. Das wird nicht einfach werden.

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