Sonntag, 25. Oktober 2009

Sécherie à chicorée



Eigentlich wollte ich Euch raten lassen, was das ist, aber wer es nicht kennt, der kommt sowieso nicht darauf.

Ich habe das selbst lange für Malzdarren gehalten. Zu finden sind diese Anlagen auch heute noch an vielen Stellen in Nordfrankreich. Leider sind sie fast alle längst außer Betrieb.

Tatsächlich dienten sie zum Dörren von Chicorée. "Moment mal", werdet Ihr fragen, "ist das nicht das weiße Zeug, wo wir Salat draus machen?" Die Antwort lautet ja und nein. Der Reihe nach...

Chicorée ist erst einmal eine Pflanze, die unserer Zuckerrübe ähnlich ist. Früher wurde sie vor allem im nordfranzösischen Flandern (frz. les Flandres, man beachte den Plural) überall angebaut. Nach der Ernte wurden diese Rüben in dünne Scheiben geschnitten und in einer Trocknerei, wie man sie hier sieht,
getrocknet. Beheizt wurde mit Koks.

Anschließend wurden die getrockneten Scheiben geröstet, um den darin enthaltenen Zucker zu karamelisieren. Danach wurde daraus ein Extrakt gewonnen, der als Pulver oder auch flüssig verkauft und dem Kaffee zugesetzt wurde. Der war damals noch sehr teuer und der Chicorée-Extrakt half, ihm einen etwas kräftigeren Geschmack zu verleihen, ohne allzuviel der teuren Bohnen nehmen zu müssen. Man kann den Kaffee auch ganz weglassen und hat dann etwas ähnliches wie früher in Deutschland Lindes Malzkaffee. Daneben kommt er in der Küche zum Einsatz, z.B. für Soßen oder auch in Pasteten.

Und unser Salat? Der geht wiederum auf eine Erfindung der belgischen Flamen zurück. Wenn man die Chicoréeknollen in einem dunklen Raum in eine Nährlösung setzt und keimen läßt, erhält man die weißen Triebe, die bei uns als Chicorée verkauft werden. Im Dunkeln deshalb, weil sie dann keine Bitterstoffe bilden. Im übrigen ißt man sie nur in Deutschland als Salat. Der Belgier dünstet sie als Gemüse.

Die Franzosen nennen die Chicorée-Triebe im Norden chicons und im Rest des Landes endives. Unsere Endivien heißen dort hingegen chicorée frisée oder einfach nur chicorée, womit die sprachliche Verwirrung bei kulinarischen Diskussionen über den Rhein hinweg endgültig garantiert ist.

Foto: Pentax *istDS, SMC-A 2.8/24 mm, f8, 1/250 s

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