Dienstag, 18. März 2014

Die Invasion der leuchtenden Madonnen

1933 ist in Banneux in den belgischen Ardennen eine leuchtende Madonnenstatue aufgetaucht, woraufhin sich dieses bis dahin beschauliche Örtchen zu einem beliebten Wallfahrtsort entwickelt hat. 

Man hat der Statue eine Kapelle errichtet, und es gibt die übliche Auswahl an Andenken und Devotionalien zu kaufen, allem voran verschiedene Nachbildungen des Originals. Die sind im Lauf der Jahre zu Abertausenden gekauft worden und stehen in vielen belgischen Haushalten auf dem Küchenschrank oder dem Kaminsims.

Ein Rentnerehepaar in Jalhay, im Hohen Venn, hat unlängst wundersames bemerkt: seine Marienstatue aus Banneux, die seit vielen Jahren in der Küche des Ehepaars steht, leuchtet abends, schwach aber deutlich sichtbar.

Von diesem Wunder wurde vor zwei Wochen erstmals in La Meuse berichtet und es zog sofort Neugierige und Gläubige an. Der Bischof von Lüttich beauftragte den Kurator von Banneux damit, die ganze Sache in Augenschein zu nehmen, und der bestätigte vor laufenden Kameras, das Leuchten mit eigenen Augen gesehen zu haben. 

Seither riss der Zustrom der Besucher erst recht nicht mehr ab, und am nächsten Wochenende musste die Polizei schon am Freitagabend für Ordnung sorgen, denn es standen rund eintausend Pilger vor der Tür, die das leuchtende Wunder in der Küche selbst in Augenschein nehmen wollten. Sonntags waren es bereits 1500 und die Gemeinde sah sich gezwungen, Drängelgitter und Dixi-Klos heranzuschaffen. Es kursierten die ersten Gerüchte über Busreisen, die in den benachbarten Niederlanden organisiert würden.

Als dann noch die erste wundersame Heilung eines lütticher Busfahrers, der am Vorabend seines Skiurlaubs spontan von einer Erkältung geheilt worden war, die Schlagzeile von La Meuse erreicht hatte, wuchs die ganze Sache den Besitzern von Küche und Muttergottes endgültig über den Kopf.

Sie baten die Universität Lüttich, die Statue abzuholen und zu untersuchen, ob das vermeintliche Wunder nicht einen viel profaneren Grund haben könnte, z.B. einen phosphoreszierenden Effekt der Glasur. Mittlerweile befindet sie sich in Lüttich, und in Jalhay ist vorerst wieder Ruhe eingekehrt. Es ist auch schon beschlossen worden, dass das Standbild künftig an einer anderen Stelle im Ort aufgestellt werden soll.

Ob das noch nötig sein wird, ist jedoch fraglich, denn unterdessen kommt es zu einer wahren Invasion leuchtender Madonnen und die Theorie mit der phosphoreszierenden Glasur scheint sich zu bestätigen, denn es melden sich nach den ganzen Berichten in den Medien immer mehr Leute, die auch eine haben. In Plombières steht eine, und in Seraing ebenfalls. Alle stammen offenbar aus der gleichen Produktion und alle leuchten im Dunkeln. Nur die aus Seraing ist nicht beige wie alle anderen, sondern dunkelbraun. Ihre Besitzerin hat sie von den Großeltern geerbt, und die seien beide starke Raucher gewesen.  

Und so ist anzunehmen, dass es um die ganze Angelegenheit bald wieder still werden wird. Auch das einzige wirkliche Wunder, das Einzelhandel und Gastronomie in Jalhay in den vergangenen beiden Wochen erlebt haben, wird wohl nur von kurzer Dauer gewesen sein.  

P.S.: Wie man mir heute aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen mitgeteilt hat, hat 1933 in Banneux keine Statue geleuchtet, sondern es ist die Chefin persönlich erschienen. Leuchtend, versteht sich. Ich bitte, das Versehen zu entschuldigen.  

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